Es macht Spaß, verschieden zu sein – Eine Kolumne von Kreispfarrerin Martina Wittkowski

Zuletzt aktualisiert am 18. Februar 2022

Vielleicht hätte ich mich doch nicht anmelden sollen, das Schwimmerbecken ist so voll heute, denke ich, als ich den großen Raum im Hallenbad betrete. Es wimmelt geradezu von Leuten. Wieder umkehren ist feige. Also rein ins Becken, Schwimmbrille auf, und ich fange an, so gut es geht, meine Bahnen zu ziehen. Eine interessante Mischung von Menschen um mich herum. Während ich schwimme, nehme ich sie wahr, als ob ich ein Wimmelbuch betrachte: Einer krault mit großen Bewegungen flott hin und her, – ganz schön fit! Ein Junge schwimmt konsequent eine Bahn nach der anderen, sieht aus, als wolle er sein nächstes Schwimmabzeichen machen; das schafft er bestimmt. Am Rand ein Vater mit einem kleinen Mädchen: Ist das anstrengend, wenn man gerade eben schwimmen gelernt hat und sich mit vielen kleinen Bewegungen über Wasser hält! Zwei Damen, offensichtlich zusammen gekommen, die nebeneinander schwimmen, gemütlich und ins Gespräch vertieft. Und das junge Paar; immer mal wieder schwimmen sie eine Bahn, dann halten sie sich am Beckenrand fest und genießen die Zweisamkeit.

Jeder schwimmt seinen Stil. Jede ihr Tempo. Jeder hat seine persönlichen Ziele im Kopf: auspowern nach einem langen Tag am Schreibtisch, die Ausdauer trainieren für das Silberabzeichen, fit bleiben und die Figur formen – oder einfach nur Spaß haben und entspannen. Alle zusammen in einem Schwimmbecken. Es ist ein bisschen wie auf der Autobahn, nur dass wir unsere Regeln selber machen, sie stumm miteinander aushandeln. Und es funktioniert! Mit ein bisschen Slalom schwimmen, mal abbremsen und den Gegenverkehr durchlassen. Vor der Wende noch einmal schauen, ob die Bahn frei ist. Ohne Worte bekommen wir es hin. Und irgendwie macht es Spaß.

Ich denke tatsächlich „Wir“. Es ist eine Art Gemeinschaft im wuseligen Becken. Es klappt, dass jeder den anderen sein lässt, so wie er oder sie ist. Dass wir Rücksicht aufeinander nehmen. Uns vielleicht sogar aneinander freuen. Jeder gönnt der anderen ihren Sport und ihr Vergnügen. Jedenfalls ist das mein Eindruck. Ich bin heute relativ entspannt, das trägt sicher dazu bei. Ich kenne auch Tage, an denen es mich anstrengt, wenn andere einen anderen Stil fahren, mit anderen Zielen unterwegs sind und mich in meinen Bahnen stören. Heute gefällt es mir, und ich füge mich gerne ein. Ich genieße das Bad in der Verschiedenheit; es macht einfach Spaß.

Mich erinnert das an Paulus, der sagt: „Jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was dem andern dient. Seid so unter euch gesinnt, wie es der Gemeinschaft in Jesus Christus entspricht.“ (Philipper 2,4.5)

Ja, hier im Schwimmbecken heute klappt das. Wie gut wäre es, wenn es auch außerhalb des Wassers, im Miteinander im Alltag so entspannt zuginge. Es kann so richtig Spaß machen, verschieden zu sei