Die Kraniche ziehen lassen…

Kraniche

„Ein feiner Zug in Richtung Dünen;

Die Kraniche auf den gepflügten Feldern.

Ende September, jedes Jahr wieder;

Und ich am Gucken, als wenn’s das erste Mal wär.“

 

So singt es der Sänger und Songwriter Axel Bosse. Jedes Jahr sind sie wieder da: Die Kraniche auf den abgeernteten Feldern. Bis zu 2 Wochen verbringen sie dort. Ruhen sich aus auf dem Weg zu ihren Überwinterungsgebieten in Spanien oder sogar Nordafrika. Sammeln Reserven, indem sie die Reste an Mais oder Getreide fressen, die nach der Ernte noch übrig geblieben sind. Manchmal kann man sie auch am Himmel beobachten. In großen V-Formationen ziehen sie über uns hinweg. Dabei „trompeten“ sie oft laut vor sich hin.

Die Kraniche auf den gepflügten Feldern – ein eindeutiges Zeichen, dass der Herbst beginnt. Nicht umsonst nennt man sie auch „Vögel des Glücks“. Denn Anfang des Jahres zeigen sie genauso an, dass der Frühling zurückkehrt. Dass die Sonne, die Wärme und die Helligkeit Einzug erhalten. Und vielleicht bleiben sie auch im Herbst „Glücksvögel“. Selbst wenn wir uns dann langsam verabschieden müssen von langen Grillabenden, Freibadsaison und Vogelgezwitscher als Wecker. Mit ihnen beginnt die Zeit des gemütlichen Tee Trinkens, der bunten Blätter und der Kaminabende.

Vielleicht genau die richtige Zeit, um das zu tun, was die Kraniche auf den Feldern tun: Ausruhen. Kraft sammeln. Neu ausrichten. Energiereserven anlegen.

Im Matthäusevangelium sagt Jesus: „Ich will euch Ruhe schenken.“ Von dem griechischen Wort, das an der Stelle steht, kommt unser Begriff „Pause“. Jesus sagt also soviel, wie: Ich will euch eine Pause schenken. Zeit, um sich zu erholen. Zeit, um den Kopf frei zu bekommen. Zeit, um zu träumen. Zeit um den Blättern beim Fliegen zuzuschauen.

„Ich such’ nicht mehr und finde nur.

Kommt sowieso an den Start, was kommen mag.

Ich such’ nicht mehr und finde nur.

War sowieso jemand da;

Ist immer jemand da;

War immer jemand da, der mir tief in den Kopf sah.“

Und ich merke: Bosse hat Recht. Wenn die Kraniche rasten, dann kann ich auch rasten. Nicht mehr suchen. Auf mich zukommen lassen, was auch kommen mag. Und wissen, es ist immer jemand da, der mir tief in den Kopf sieht. Und ins Herz.

Also, Pauseknopf drücken und die Kraniche ziehen lassen.

Lina Kohring, Pfarrerin in Löningen