Ich glaube an den Gott des Friedens

Kreispfarrerin Martina Wittkowski, Cloppenburg

Einen Stapel kleiner Kärtchen bekam jeder und jede von uns mit auf den Spaziergang. Auf jedem Kärtchen stand ein Name, den man Gott geben könnte: der Allmächtige, der Ewige, der Richter, der Barmherzige, der Freund … Wir sollten bei unserer Einkehrtagung den Namen Gottes herausfiltern, der uns in diesem Moment am besten zu passen schien. Es wurden sehr persönliche und tiefgehende Gespräche, als wir uns anschließend in kleinen Gruppen über das Ergebnis unserer Auswahl austauschten. Ich weiß nicht mehr genau, welchen Namen Gottes ich mir damals heraussuchte. Und es wäre sicherlich ein anderer Name, würde ich es heute mit denselben Vorgaben noch einmal versuchen. Wie ich Gott nenne, wie ich ihn anspreche, das hat damit zu tun, wie ich zu ihm stehe. Wie ich ihn erlebe. Was ich von ihm erwarte.

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In dem Bibeltext, der in der evangelischen Liturgie für diesen Sonntag zur Predigt vorgeschlagen ist (1. Thessalonicher 5,14-24), kommt ein Name für Gott vor, der mich berührt: „Gott des Friedens“. Wenn Paulus in seinem Brief vom Frieden spricht, dann schwingt bei ihm als Juden das hebräische Wort „Shalom“ darin mit. Shalom, ein Wort für Unversehrtheit, für umfassendes Heil. Er erfüllt den einzelnen Menschen in seinem Herzen ebenso wie das Miteinander der Menschen, die zusammenleben. Shalom – ein Zustand des inneren und äußeren Friedens, der alles und alle umfasst.

Je mehr ich mir dieses Wort ausmale, desto mehr kommt Schmerz in mir hoch. Das, was wir in den letzten Tagen und jetzt schon Wochen in den Medien aus Afghanistan hören und sehen, wühlt mich auf. Das Leiden vieler Menschen, ihre Angst und Verzweiflung. Die Schuld, die westliche Mächte daran haben. All das macht mich hilflos und traurig. Wie weit entfernt ist unsere Welt vom Shalom, vom Frieden!

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Der Glaube an den „Gott des Friedens“ tröstet mich und gibt mir Halt. Es ist Glaube gegen den Augenschein einer friedlosen Welt. Ich bin trotz allem überzeugt davon: Es gibt einen, der zu allem mächtig ist und der Frieden will, Shalom. Wie sehr muss ihn das Leiden der geliebten Kinder, der Frauen und Männer, schmerzen. Wie sehr muss es ihn aufwühlen, wenn Menschen das Leben von Menschen zerstören. In Jesus hat er selbst unter ihnen gelebt. Er hat die Macht der Zerstörung durch menschengemachten Unfrieden am eigenen Leib und an der eigenen Seele erfahren. Der Gott des Friedens leidet mit, das glaube ich.

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