Ostertraum: „Für immer Frühling“

„Wir tun, was wir können“, sagen sich die Frauen. Sie machen sich früh am Morgen auf den Weg und besuchen ihren Toten. Sie wollen ihn liebevoll salben. Mit kostbaren Ölen, denn er war etwas Besonderes für sie. Einer, der sie gesehen hat. Der ihnen den Weg zeigte. Der ihnen Hoffnung gab. Was aus dieser Hoffnung nun werden soll, das wissen sie noch nicht. Vielleicht ist sie einfach zerronnen. Also tun die beiden Frauen, was sie können.

Die Sängerin Soffie tut, was sie kann: Im Januar, als draußen alles noch grau und trist ist, veröffentlicht sie ihren neuen Song im Internet: „Für immer Frühling“. Viele, viele klicken ihn an. Sehnsucht nach Frieden – endlich! – und nach Gerechtigkeit – für alle! Das trifft den Nerv unserer Zeit. Soffie träumt von einem Land, in dem immer Frühling ist. In dem das Leben blüht. In dem für jeden Platz ist am Tisch. In dem jede den freien Mut hat zu sagen, was sie denkt.

Als die Frauen zum Grab kommen, sind sie erleichtert, weil der große Stein, der das Felsengrab verschloss, schon weggerollt ist. Doch dann kommt der Schock: Der Leichnam ist nicht da. Ein junger Mann im weißen Gewand – ein Bote Gottes? – ruft ihnen zu: „Erschreckt nicht, Jesus von Nazareth, den ihr sucht, er ist nicht hier. Er ist auferstanden. Ihr werdet ihn treffen auf eurem Weg“ (nach Markus 16,1-8). Nicht zu erschrecken, das ist leichter gesagt als getan. Den Frauen verschlägt es die Sprache. Sie haben Angst und behalten das verstörende Erlebnis erstmal für sich. Bis sie später andere treffen, die Ähnliches erlebt haben. Bis sie später ihm selbst begegnen, dem Auferstandenen. Langsam sickert es in ein in ihr Herz. Dass Jesus lebt. Dass er sie nicht verlassen hat. Dass er nun auf neue Weise bei ihnen ist.

Der Frühling ist gekommen, wenn wir Ostern feiern. Es gibt ihn noch nach den langen tristen Monaten des Winters. Das Leben setzt sich durch. Vorbei das Graue, Trostlose. Gelbe Krokusse und Narzissen, rote Tulpen, blaue Traubenhyazinthen blühen in den Gärten um die Wette. Im Januar war noch nichts von ihnen zu sehen. Unglaublich, dass sie jetzt da sind. Wunderbar.

Ein Land, in dem immer Frühling ist, das wäre etwas. Immer die Kraft des Lebens, die das Triste überwindet, zu spüren. Frieden und Gerechtigkeit zu erleben, die sich durchsetzen. Und sich an den großen Tisch zu setzen, an dem alle Platz haben. Alle, die das Leben gebeutelt hat. Alle, die durch Hass und Krieg verwundet wurden. Alle, die Schweres mit sich herumtragen, ohne dass man es von außen sehen kann. Das wäre ein Fest!

Soffie singt von ihrer Hoffnung, ihrem Traum. Christinnen und Christen aller Konfessionen singen in diesen Tagen überall auf der Welt Osterlieder. Zusammen mit den Frauen damals glauben sie an das Leben, das alles Trostlose überwindet. Sie wagen es und singen gegen ihre Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit an. Das ist es, was sie jetzt tun können. Und der, der das Leben schuf und der es neu weckt, der lässt in ihren Liedern Hoffnung wachsen: Das Leben kann wieder aufblühen. Wie im Frühling.

Gesegnete Ostern wünscht Ihnen Martina Wittkowski, Kreispfarrerin im Oldenburger Münsterland