GI-Joachim Prunzel

Pfr. J. Prunzel

Geistliche Impulse von Pfarrer Joachim Prunzel, Friesoythe

Ich will einen ewigen Bund mit meinem Volk schließen, dass ich nicht ablassen will, ihnen Gutes zu tun. Jeremia 32, 40

Liebe Lesende,

diese Worte Gottes an sein erwähltes Volk, die Israeliten, sind ja wohl ein gewaltiges Versprechen! Ewig, nicht ablassen, Gutes tun. Drei unglaublich erstrebenswerte Lebensaspekte. Wer mag dann verzagen, wenn das Leben einmal richtig hart zu einem ist? Es gibt ja Grund genug, sich wieder aufzurichten.

Als ich in der vergangenen Woche die Berichte über die Anschläge in Halle und Umgebung erfahren habe, dachte ich: Wie viel Mut und Gottvertrauen hatten die Vorfahren der jüdischen Menschen, die dort angegriffen worden sind. Nach den Erfahrungen der Überlebenden jüdischen Menschen unter den vermeintlichen Christen in Deutschland im vorigen Jahrhundert, sind sie geblieben oder wieder zurückgekehrt. Versöhnung, trotz allem nur zu berechtigten Misstrauen, das war ihre Motivation.

An Jom Kippur, dem großen Tag der Versöhnung zwischen Gott und Menschen, der in Halle und allen anderen Synagogen gefeiert  wurde, versucht man mit Gewalt Juden in Deutschland zu ermorden! Da gibt es keine Rechtfertigung und kein Argument zugunsten des Täters. Wie viel Glück – oder Schutz einer höheren Macht – hat den Tod von mehr als zwei sinnlos ausgelöschten Leben verhindert.

Wer von uns denkt, dass hier nur ein irrer Einzeltäter am Werke war, der täuscht sich gewaltig. Seit 75 Jahren ist der Ungeist der Antisemiten in Deutschland nie beendet gewesen. Genau deshalb laufen ihm auch wieder Unzählige nach. Nahrung bekommen sie inzwischen von politischen Parteien, die nichts aus der Vergangenheit lernen wollen. Und die – welche Schande für dieses Land – massenhaft gewählt werden.

Wer Juden wegen ihres Glaubens verfolgt, hat mit Gottes Wahrheit nicht zu tun und kein Recht, sich Christ zu nennen. PUNKT.

Und wer die Bibel richtig versteht, weiß, dass wir Christen die Adoptivkinder in dem großen Volke Gottes sind. Dazugezählt durch die Gnade Christi alleine. Wie unsinnig ist da jeder Hass auf Gottes erwähltes Volk.

Am 19. Oktober 1945, heute vor 74 Jahren, hat die evangelische Kirche in Deutschland zu diesem Thema eine Schulderklärung abgegeben. Wörtlich heißt es da: “aber wir klagen uns an, dass wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben.“ Christinnen und Christen haben um Gottes Willen die Pflicht sich lautstark und mutig zu Wort zu melden, wo der Ungeist des Judenhasses sich regt.

Und warum das so ist, das lesen wir bei einem der klügsten Dichter, die unser Land hervorgebracht hat, Bertold Brecht:

„Ihr aber lernet, wie man sieht, statt stiert
Und handelt, statt zu reden noch und noch.
So was hätt‘ einmal fast die Welt regiert!
Die Völker wurden seiner Herr, jedoch
Dass keiner uns zu früh da triumphiert –
Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.“

Wachsamkeit und mutiges Bekennen als Gottes geliebtes Volk der Juden und Christen ist Gottes großer Wunsch an uns, uns zum Segen und Ihm zur Ehre.

Joachim Prunzel, Pfarrer in Friesoythe