Das Gerüst der Gemeinden – ein Standbein für den Kirchenkreis

Gieseltraud Voget

8.00 Uhr.. jetzt schnell noch 20 Brötchen vom Bäcker holen und dann mit dem Fahrrad ab ins Gemeindehaus. So beginnt jeder erste Donnerstag im Monat für Giseltraud Voget, wenn es in Vechta heißt: Es ist wieder Seniorenfrühstück. Dort angekommen, wird der Kaffee aufgesetzt und dann mit einer anderen Ehrenamtlichen die Brötchen geschmiert. Käse, Wurst und Butter hat Gieseltraud schon am Tage vorher eingekauft, ebenso hat sie den Tisch gedeckt und mit Blumen der Saison geschmückt. Für die 71jährige eine Selbstverständlichkeit, an diesem Tag zur Stelle zu sein und ihrem Ehrenamt nachzukommen. „Ich habe vor ungefähr 35 Jahren angefangen, mich in der Kirchengemeinde zu engagieren. Das kam über meine Mutter, die suchte jemanden, der im Besuchsdienst für Geburtstagskinder über 70 Jahre mitmacht – und so entstand der nähere Kontakt zur Gemeinde.“ Und seitdem ist Giseltraud Voget aus dem Gemeindeleben der ev. Kirchengemeinde Vechta nicht mehr wegzudenken. Einige Jahre später fragte der damalige Gemeindepfarrer Torsten Nowak sie, ob sie Lust hätte, beim neu entstanden Seniorenfrühstück mitzutun. Und sie hatte! Zunächst bastelte sie mit den Teilnehmer*innen, später über nahm sie mit der Mitarbeiterin der Diakonie die Leitung und hat sie bis heute inne. Aus diesen Anfängen entstand eine feste Verbindung mit der Kirchengemeinde: Von 2000 bis 2018 war sie Mitglied des Gemeindekirchenrates und war lange Zeit im Kirchenvorstand. Doch damit erschöpfte sich ihr Engagement nicht: Beim Gemeindebrief sortiert sie die Adressen und versieht die Briefe mit Aufklebern, sie war Diakoniebeauftragte, ist im Vorstand des Diakonievereins, wirkt als Lektorin an vielen Gottesdiensten mit und ist mit Rat und Tat bei vielen Gemeindeveranstaltungen dabei.
„Frau Voget hat sich für die Gemeinde verdient gemacht“, freut sich Pfarrer Andreas Technow von der Kirchengemeinde, „sie ist immer bereit, mitzuwirken und in Notfällen einzuspringen!“ Und Martina Fisser, Geschäftsführerin der Diakonie im Oldenburger Münsterland stellt fest: „Diese Ehrenamtlichen, die über einen sehr langen Zeitraum verlässlich Aufgaben übernehmen, sind das Gerüst der Gemeinden und auch der Diakonie.“

Anna Hammel

So auch Anna Hammel, die in Cloppenburg seit 1998 zweimal wöchentlich im Diakonieladen ehrenamtlich tätig ist. Nachdem sie 1995 aus Omsk nach Deutschland gekommen war, wurde sie 1998 vom damaligen Leiter der Diakonie in Cloppenburg Hans Jürgen Hoffmann gefragt, ob sie Lust hätte, in der Kleiderkammer mitzuwirken. „Ich war sofort dabei, weil ich gerne etwas von der Hilfe, die wir nach der Ankunft aus Russland bekommen haben, zurückgeben wollte“, begründet Anna Hammel ihre Bereitschaft. Und so ist die 65jährige seit 36 Jahren zweimal wöchentlich mit dabei, wenn Kleidung sortiert, die Kundschaft beraten und der kleine Verkaufspreis bezahlt werden muss. Sie hat schon viele Krisen erlebt, die für einen hohen Andrang im Verkaufsraum sorgten. Aber auch viel Armut und Not: „Ich erinnere mich noch an den Anfang des Ukraine Krieges, als im kalten März 22 eine alte Ukrainerin in Sandalen vor der Tür stand.“ Sie hatte nichts und schämte sich sehr über ihre Situation. Doch Frau Hammel sprach russisch mit ihr und konnte sie neu einkleiden. „Viele, die kommen, sind schüchtern und haben Hemmungen, Kleidung auszusuchen. Wenn man auf sie zugeht und mit ihnen verständnisvoll spricht, tauen sie auf und verlieren ihre Scheu“, berichtet die Ehrenamtliche über ihre Arbeit.
Aber auch energisch kann sie sein. Manche versuchen zu handeln, beißen dann aber bei auf Granit. In ihrer netten und zugewandten, aber auch bestimmten Art macht sie den Kunden deutlich: Gehandelt wird nicht. Und so kommen alle gerne wieder, wissen sie doch, dass sie viel Verständnis und auch ein reichhaltiges Angebot erwartet.
Auf die Frage, warum sie seit so langer Zeit dabei sind, geben Giseltraud Voget und Anna Hammel die gleichen Antworten: Wir sehen immer wieder, wie wichtig unsere Arbeit ist, wieviel Freude wir Menschen bereiten und auch das gemeinsame Tun mit Gleichgesinnten motiviert uns. Wir haben viel Spaß in unseren Gruppen. Diese Gemeinschaft ist uns ganz wichtig! – So sind beide sich sicher: Wir werden noch lange dabei sein!
Carsten Homann